25 Jahre Mädchenchor am Dom und St. Quintin - ein Portrait (09/2019)

Einen Unterschied zwischen 1994, dem Jahr, in dem der Mädchenchor am Dom und St. Quintin auf Initiative des damaligen Domkapellmeister Mathias Breitschaft gegründet wurde, hört man sofort: Der Klang ist viel, viel lauter. Und das liegt natürlich vor allem daran, dass mit ein paar wenigen jungen Damen begonnen wurde und heute fast 150 Mädchen in diesem Chor mitsingen.

Den doch etwas sperrigen Namen erhielt das Ensemble durch seine Beheimatung: Gehört der Mainzer Domchor zum Domstift, hatte die Dompfarrei, zu der auch St. Quintin gehört, seinerzeit keinen Chor. Auf Wunsch des damaligen Dompfarrers Heinz Heckwolf kam es zur Chorgründung. Weil man aber nicht wusste, wie sich das ganze entwickeln würde, verortete man den Mädchenchor erst mal in St. Quintin. Heute ist er fester Bestandteil der Musica Sacra am Dom. Und hat eine große Fangemeinde, zu der auch Papst Franziskus gehört, was Fotos im Flur des Chorhauses dokumentieren.

Dort wird gerade geprobt, ein letztes Mal bevor es in den Herbstferien auf Reisen geht: Passau, Linz, Neusiedl, Wien, Budapest, Graz und Bayreuth sind diesmal die Zielkoordinaten. Und dann steht ja das große Jubiläumskonzert am 26. Oktober an. Begonnen wird, wie immer, mit ein paar organisatorischen Ansagen. Nach dem Einsingen dann geschäftiges Blättern: Als erstes erklingt das Stück „La Califfa“ von Ennio Morricone. Der schrieb 1971 auch die Filmmusik von „Spiel mir das Lied vom Tod“ – das hier klingt aber ziemlich lebendig. „Achtet darauf, an den richtigen Stellen zu atmen, wie ich es Euch am Dienstag gesagt habe“, ruft Domkantor Michael Kaltenbach in Erinnerung.

Geprobt wird an zwei Nachmittagen pro Woche: Einmal jeweils 75 Minuten nach Stimmgruppen getrennt, donnerstags dann anderthalb Stunden im Gesamtchor und eine weitere mit dem Vokalensemble, in dem die älteren jungen Damen (ab 14) zusätzlich singen können. Vor dem Eintritt in den großen steht der Vorbereitungskurs, wo Kaltenbach den Jüngsten ab sieben Jahren musikalische Grundlagen vermittelt und sie mit den Anforderungen einer Chorgemeinschaft vertraut macht.

„Sopran bitte ab Takt 49“, sagt der Domkantor an und ein zweistimmiger Gesang erhebt sich, unter den sich bald samtig die Altregister schieben – wie ein Klacks Sahne, der in den schwarzen Kaffee fällt. Erneutes Rauschen im Notenblätterwald: Jetzt steht Mendelssohns „Laudate pueri“ an. Eine Probe nur mit Mädchen unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht von anderen Chören. Und zu tun gibt es immer einiges: Der Mädchenchor am Dom und St. Quintin übernimmt an beiden Kirchen liturgische Aufgaben, singt Konzerte in Mainz und Umgebung, wirkt an Heiligabend in der Christmette oder bei Stiftsämtern im Dom und geht auf Reisen.

Dass Singen gesund ist, wurde wissenschaftliche bewiesen. Auch können junge Menschen in einer Chorgemeinschaft soziale Fähigkeiten entwickeln und die heute als Soft Skills bezeichneten Charaktereigenschaften wie Disziplin, Leistungswille, Zuverlässigkeit und gegenseitige Rücksichtnahme erlernen. Warum aber singt ein Mädchen gerade im Mädchenchor am Dom und St. Quintin mit? Aus möglichen 145 Antworten hier einige repräsentative: „Es ist ein toller Gedanke, in einer so großen und liebevollen Gemeinschaft Musik zu machen“, sagt Annemei Schmidt (14). Das motiviere auch in den Proben: Man sei offen für Neues und lerne immer wieder neue Freunde kennen. Bei Laura Krieg singen beide Eltern in der Domkantorei, der Vater war früher Sängerknabe im Domchor: „Das Chorhaus ist quasi mein ‚zweites Zuhause‘. Seit ich denken kann, gehe ich hier ein und aus“, ist die Zehnjährige stolz, nun auch selbst im Mädchenchor mitzusingen: „Der Chor bringt mich auf andere Gedanken. Selbst nach einem vollen und stressigen Schultag bin ich nach einer Probe wieder beschwingt und gut gelaunt. Toll finde ich auch, wie die älteren den jüngeren helfen.“

Judith Hlawatsch (16) ist seit acht Jahren dabei: „Egal ob jung oder alt – alle gehören dazu und auf den Chorreisen und Probewochenenden haben alle zusammen riesigen Spaß.“ Ihre persönlichen Highlights sind die Reisen: „Jeden Tag an einem anderen Ort ein Konzert zu geben und damit die Menschen auf der ganzen Welt zu berühren.“ Sogar auf dem Weg im Bus würde gesungen, wobei es auch mal ein Abba-Hit sein dürfe: „Das sind die schönsten Momente.“ Auch Sasou van Ordt (19) hat mit acht Jahren im Mädchenchor angefangen: „Der Mädchenchor öffnet Türen um Erfahrungen zu sammeln, sei es vor Publikum, auf Theaterbühnen, in fremden Ländern oder auch in den alltäglichen Proben und in der wöchentlichen Stimmbildung. Im Chor setzt man sich schon im frühen Alter mit Musik von Bach bis Penderecki auseinander und teilt sich mit den anderen Mädchen die Leidenschaft für unsere Literatur im Mädchenchor. So entstehen unersetzbare Freundschaften und ein toller Zusammenhalt.“

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